Am folgenden Tag schlich ich mich aus dem Turm. Ich brauchte den Wind, den kühlen Wind, der meinen Geist wieder klar denken lassen sollte.
An einem Aussichtsturm nahe des Tiefenwaldes nahm ich Platz, bohrte mit einer meiner Waffen sinnlose Löcher in den Erdboden und ließ meine Gedanken kreisen.
Wenn das Monster Hass verlangte, es war gerade dabei ihn zu schüren. Dennoch mahnte ich mich an, daß es nicht sein eigener Wille war diese Taten zu vollbringen, sondern der Wille seines dunklen verstoßenen Meisters.
Es fiel mir schwer, meinem Verstand zu folgen, aber nach vielen vielen Momenten, legten sich meine dunklen Gedanken auf eben diesen Meister. IHN sollte all der Hass seiner Opfer treffen. ER sollte dafür bezahlen. Und auch sein DIENER, der doch ebenso ein Opfer war, wie diejenigen, die er töten musste, hatte ein Grund Rache zu vollziehen.
Und mitten in meinen Gedanken schlich sich das Geräusch von Pferdegetrappel. Für einen Moment hielt ich mich für verrückt, bemerkte dann aber, daß jenes Geräusch näher kam und aus der Wirklichkeit heraus zu mir drang.
Dennoch sah ich nicht auf. Mir war es gleich, wer an mir vorbeiritt.
Doch zu meinem Erstaunen, machte die große Gruppe bei mir Halt. Scharte sich um mich herum. Als ich aufsah, nahm ich war, daß ich alle Personen in dieser Gruppe kannte. Bis auf einen.
Ashimar, Tharon und auch Kathlynn hielten sich in meiner unmittelbaren Nähe auf. Mein Blick blieb an Kathlynn hängen. Sie kannte Illeneah. Sie mochte sie sicherlich ebenso sehr wie ich und war bestürzt, als ich ihr von deren Verschwinden berichtete. Nun stand sie vor mir, begegnete meinen Blick und ahnte sicherlich bereits, was in mir vorging.
Kein Wort verließ meine Lippen. Ich nahm Kathlynn einfach in meine Arme. Ungewöhnlich für mich, da mich ihre Naivität immer sehr reizbar machte, aber sie verdiente diese Umarmung. Wenn sie mit Illeneah befreundet war, so verdiente sie diese Aufmerksamkeit.
Ihre Ahnung wurde bestätigt und sie sprach tröstende Worte. Sie halfen wirklich ein wenig, aber der Schmerz ließ sich nicht in einer Nacht hinfortspülen.
Nach einigen Augenblicken, dachte Tharon, es wäre Zeit für ein wenig Ablenkung. Zumindest schien es mir so. Er stellte mir Wulfus vor. Endlich, nach langer Zeit der Geschichten, sah ich dem berühmten Nordmann ins Auge.
Nach all den Geschichten, so dachte ich, war er eine große Portion Respekt würdig und so verneigte ich mich höflich vor ihm und stellte mich vor.
Er machte nicht sehr viele Worte, aber er schien auch nicht unfreundlich. So liegen die Dinge, wenn man sich noch nie zuvor begegnet ist.
Weiterhin erfuhr ich, warum all meine Freunde, mit einer einzigen Ausnahme, unterwegs waren.
Ashimar erwähnte von einer Suche, nach einem verlorengegangenem Buch. Dann nannten sie auch den Ort der Suche.
Scheinbar wurde es in bestimmten Katakomben vermisst. Dort sollte die Reise nämlich hinführen.
Da mich keiner fragte, machte ich keine Anstalten mich aufzudrängen, auf meinem Pferd aufzusitzen und mitzureiten. Nur Tharon fragte mich verwundert, ob ich nicht mitreisen wolle.
Ich überlegte eine Weile. Das Buch war mir unwichtig, aber die Wut in mir wollte ausgelassen werden. Kein Ort schien besser dafür geeignet zu sein. Also beschloss ich mitzureiten.
Dieses Vorhaben hielt nur bis zur nächsten Taverne, die wir aufsuchten. Dort entlud sich ein Teil meiner Wut.
Mein Raum sah zum fürchten aus.
Ashimar, Kathlynn und später auch Fhink folgten mir hinauf. Während ich von Ashimar und Kathlynn beruhigt wurde und diese mir ihr Verständnis bekundeten, brüllte Fhink mich wutentbrannt an.
Später war er sogar dagegen, daß ich in meinem Zustand die Gruppe begleiten würde.
Nun, ausgerechnet der Lord der Drachenritter setzte sich für mich ein und beschloß einfach so, daß niemand zurückgelassen würde.
Großes Unbehagen machte sich bei mir bemerkbar. Ich mochte es nicht, wenn sich jemand für mich einsetzte und ganz besonders er nicht. So biß ich mir dennoch lieber auf Lippen und unterdrückte eine unangenehme Bemerkung.
Später erfolgte die letzte Rast. Diesmal konnte ich mich an meine Träume erinnern.
Sie waren voller trauriger Bilder und Erinnerungen. Aber auch Fragen drängten sich meinen Träumen auf.
Was war die Nacht ohne Sterne?
Nach meinem Erwachen wurde diese Frage von Tharon beantwortet, da ich laut darüber nachdachte. Er vermutete, es könnte doch eine Höhle sein.
Ja, eine Höhle. War es jene Höhle, in der auch ich mich wiederfand? Sollte Illeneah vielleicht auch überleben? Hätte sie auch eines der Opfer sein sollen, daß Rache üben kann? Hat der Meister des Wesens dann die Kontrolle zu schnell wiedererlangt, daß es nur noch Illeneahs Tod bedeutete?
Dies alles war erst einmal unwichtig. Vorerst ging es hinunter in die Katakomben.
Dort fanden dann einige unerbittliche Kämpfe statt. Die Gegner schienen immer stärker zu werden, bis wir letztendlich auf eine große fliegende Gestalt trafen, die einer Frau glich. Einer unheimlichen, düsteren und überaus häßlichen Frau mit Flügeln einer Fledermaus.
Es dauerte eine ganze Weile, doch auch sie konnte besiegt werden.
Danach wurde das langersehnte Buch in einem Trümmerfeld gefunden. Die Schrift allerdings war einer unbekannten Sprache zugehörig.
Aber anstatt direkt die Katakomben zu verlassen, beanspruchte das Buch die gesamte Zeit für sich. Hinterrücks erschien dann eine neue Gefahr, die ebenfalls noch beseitigt werden sollte. Dann endlich haben wir alle diesen düsteren Ort verlassen.
Endlich ans Tageslicht angelangt, brach Eldorian zusammen. Eine Wunde, die ihn schon quälte, während er das Buch in den Händen hielt, forderte nun ihren Tribut.
Beide anwesenden Heiler hatten sich längst zum Schlafen niedergelegt und waren nicht mehr zum Erwachen zu bewegen.
So blieb es an Ashimar und mir, seine Wunde zu versorgen. Ashimar rührte eine Kräuterpaste zurecht, während ich meine Robe aus der Flohmarktzeit zu Verbänden zerriß.
Ich hieß den Bewusstlosen als arrogant. Ließ er sich seine Wunden nicht schon eher notdürftig versorgen.
Fhink wurde meiner Launen, seines Freundes betreffend, überdrüssig und hieß mich, endlich ruhe zu geben.
Kathlynn wich plötzlich zurück. Das Gesicht Eldorians schien sich auf eine Art und Weise zu verzerren, die sie schon mal gesehen haben musste. Scheinbar hatte dies einen Unfall zufolge.
Die Angst ihrerseits ignorierte ich, versorgte weiter die Wunde, betrachtete noch einmal das Gesicht.
Ich weigerte mich beharrlich, diesen Menschen freundschaftlich gesinnt zu sein. So verzog ich verächtlich mein Gesicht, ließ aber, zu meinem eigenen Erstaunen, weitere Verbände für ihn zurück, bevor ich meiner Wege ging.
Ich eilte mich, wollte den Ort so schnell wie möglich verlassen und mich wieder ablenken. Irgendwie kam wieder diese Unruhe hoch.
Dringlichere Aufgaben erwarteten mich. Die Unruhe würde warten müssen. Am liebsten war mir, so lange wie irgend möglich.
Sulva 'Irn Na 'Thagla
Aus dem Hause der Na 'Thagla, Wahrer des alten Wissens und Beschaffer des neuen Wissens, wahrer des friedlichen und lichterfüllten Weg.
Edited By Belldandy on 1133970579Statistik:Verfasst von Belldandy — 07 Dez 2005, 15:02
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