In den Winden der Welt - Tharon Radulfsson

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Tharon
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Beitrag von Tharon » 26 Nov 2009, 10:12

Monate waren vergangen. Die Angelegenheiten um Moena schienen aufgeklärt, bis Tharon etwas erfuhr.
Doch zuvor galt es, den Tempelbau zu beenden. Der Garten wurde errichtet; Säulen ragten in den Himmel; das Dach gab dem Bau seine Größe. Im Allerheiligsten wartete der Schwarm auf das Kommende - wie alle anderen.
Was kam, war eine Nachricht aus Samariq: Das dritte Akashafeld, am Kopf des Löwen, konnte nicht aktiviert werden. Die Maschinen waren gekommen.
Mit Hilfe des Ecaloscops aus der Abtei konnte Davinicol die Krieger aller Völker in die Wüste bringen, wo sie der Meshiha Deghala und Zea-Aurelia schon erwarteten. Die Wesen des Meshiha, fliegende riesige Hunde, Drakoskrieger, unförmige Monster, untote Drachen - sie kreisten die kleine Schar vor dem Amurtempel ein. Was auch immmer nun geschehen mochte, es war die letzte Schlacht, die sie schlagen würden.
Gedärm und Bein, Kopf und Arm säumten das Feld, als der Kampf begann. Zuerst stürmten die Drakoskrieger vor, ihnen folgten die anderen Kreaturen; von Janus, dem Meshiha, keine Spur.
Es gelang, unter großen Verlusten die erste Welle abzuwehren. Als die Drachen aus den Höhen stürzten, fielen noch mehr Krieger der Allianz. Aber standhaft blieb der Rest. Riesige Kreaturen warfen Steine auf die Armee. Reihe um Reihe fiel, bis sie sich nach einem Vorschlag Auluuas in die östliche Seite durchschlagen konnten.
In der Ferne sahen sie Zea-Aurelia, die die Stufen des Tempels bestieg. Die Gemeinschaft schlug sich mit letzter Kraft durch die lichter gewordenen Reihen des Feindes - und die Maschinen warteten.
Zea-Aurelia kostete den Triumph aus, dass der Prophet Isa, der Janus töten könnte nur durch ein Wort, irgendwo in der Wüste im Sterben lag. Sie sprach von ihrem Schicksal und dass sie auserwählt sei. Es war Auluua, der es gelang, allein durch ihre Worte den Geist Aurelias zu befreien. Aber Zea, die jeden mit in den Tod nehmen würde, der es schaffte, sie zu vernichten, war immer noch da. Ausgerechnet Feodyn rammte ihr sein Schwert in die Brust. Beide starben. In Tharons Armen lag er und hatte die Gewissheit, seine Frau Jhana zu sehen, würde er endlich seine Augen für immer schließen - es geschah. Aurelias Geist war erlöst und verschwand.
Jeder Muskel, jede Sehne und jeder Knochen schmerzte Tharon, als sie nun dem Geist der Maschine gegenüber standen. Die Maschine war auf der Suche nach einer Seele. Die kleine Fee Tikwa verwickelte das mechanische Wesen in ein Gespräch. Wer eine Seele hat, so Tikwa, der zeigt Mitgefühl und Reue, der muss sich nicht vor den Konsequenzen seines Handelns fürchten. Die Maschine erkannte, dass sie Leid gebracht hatte, denn ohne ihr Zutun wäre niemand hier gestorben. Es schien ihr logisch, sich selbst zu vernichten, und das dritte Feld wurde endlich aktiviert.
Davinicol gelang es, die Schar in die Wüste zu transportieren - zu Isa. Kraftlos und tödlich verwundet lag der Diener des Meeres am Boden. Er übertrug seine Macht auf Cyrian, bevor er diese Welt verließ. Der Lethos brachte die Gemeinschaft bis in die große Pyramide, wo der Meshiha Deghala den Avatar Amurs, entstanden aus den drei Säulen Akashas, vernichten wollte. Er hetzte seine Wölfe und Untiere gegen die Gruppe, aber nichts konnte sie mehr aufhalten. Die Geschichte war an ihrem Ende, und es würde gut ausgehen, feuerte Tharon sich selbst an. Angst und Ungewissheit schienen in Janus Augen zu liegen, als Cyrian sich näherte und seinen Namen laut aussprach - sein Körper löste sich auf, und Janus Theren, der Meshiha, verging.
Es war vorüber. Tharon nahm seinen Helm ab. Ein Teil konnte es nicht glauben. All die Jahre des Krieges lösten sich mit Janus auf. Und Cyrian, dessen Stimme schwächer wurde wie er selbst, erklärte, dass noch eines zu tun wäre. Er streckte die Arme aus, und die Umgebung wurde eine andere.
Da waren sie wieder, irgendwo weit oben:
Mitten in den Sternen standen sich Ecaltan und seine Mutter, die geheilte Mutter der Chlai, gegenüber. All das war geschehen, weil einst ein Sohn seine Mutter verraten hatte. Und nun tat sie etwas, das den Nordmann überraschte: Vergebung. Sie gab ihrem Sohn die Möglichkeit, ihr zu folgen, die Welt Kheldron endlich zu verlassen in ihre alte und neue Heimat. So geschah es.
Mehr und mehr entfernten sie sich ungewollt vom Schauplatz. Es war, als würden sie sich bewegen zwischen allen Welten, bis sie den Rosentempel erreichten.
Cyrians Tod war Gewissheit. Er alterte schnell, und nun sprachen sie mit einem alten gebrechlichen Mann, in dessen Augen Verklärung und gleichsam Erkenntnis ruhten. Der Schwarm sprach von der blockierenden Energie der Maschine, die sich auf alle Beteiligten des Krieges übertragen hatte - sie mussten das Land nun verlassen. Cyrian würde hier bestattet werden und seine Seele zu Akasha gehen.
Gab es einen anderen Weg? Nein. Gab es etwas, das Tharon noch hier hielt? Nein. Auch die anderen schienen sich entscheiden zu können.
Lang noch schaute Tharon zur Insel des Rosentempels, wo Cyrian am Steg wartete, bis er kein Schiff mehr sehen konnte. Etwas in Tharon bestätigte ihm, dass sie dieses Land niemals wieder sehen würden.

"Wo bin ich?"
Tharon sah Bäume, die Schnee trugen, und es war kalt. Ein Wicht saß neben ihm.
"Du bist hier gestrandet. Erinnerst du dich nicht?"
"Nein. Ich erinnere mich an Wasser, an einen Malstrom. Ich sehe Tjoenn und Sigandi, die ertrinken. Ich muss ihnen helfen!", rief Tharon.
"Nein. Das ist die Vergangenheit. Im Norden warten deine Leute auf dich", sagte Paylon.
"Wo sind wir hier?"
"Blyrtindur."

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Tharon
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Beitrag von Tharon » 01 Dez 2009, 13:28

Warmer Met half, die auch für Nordmannen durchaus fühlbare Kälte zu überstehen. Gemeinsam mit Hansul, der vorerst Furlund anführen würde, saß er bis zum Morgengrauen am Feuer. Sie sprachen über alte Zeiten und ließen sich den Schwermut, der beide sicherlich gepackt hatte, nicht anmerken. Es gab Dinge, über die man nicht weiter sprechen musste.
Nachdem Wulfus ihn im Lager der Wichte gefunden hatte, waren sie nach Furlund geritten, wo der alte Leif Tharon begrüßt hatte. Hier hatte Tharon erfahren, dass eine junge Nordfrau in der Hütte des Heilers versorgt wurde. Der Name 'Danzo' war gefallen - war er nicht in Bretonia gestorben, genau wie Alan Husmann? Was Wulfus und Leif da berichtet hatten, war alles andere als beruhigend gewesen.
"Ich muss los", sagte er zu Hansul, holte sein Pferd und ritt durch den Schnee.
In der Nähe Trollunds betrachtete er den großen Hang, der über dem Lager der Trolle lag. Es bedurfte schon eines gewissen Kraftaufwands, eine solche Lawine ins Rollen zu bringen. Die Trolle, das hatte der Gesandte des Volkes gestern erklärt, betrachten die Minotauren dafür verantwortlich. Doch Grundug, den Tharon vor ein paar Tagen getroffen hatte, war ganz anderer Meinung gewesen: Es gab Hinweise, dass es sich um eine Täuschung handelte. Aber ob die Trolle das auch glaubten? Blieb wohl abzuwarten.
Bei den Elaya und Tirinaithern fragte er nach Sulva'Irn, aber sie war immer noch nicht aufgetaucht. Wie Lariena, Sigandi und Tjoenn war sie verschollen. Er betete, dass auch sie wieder von den Fluten ausgespuckt würden. Mehr konnte er nicht tun. Er ritt nach Süden, betrachtete die eisige Küste des Eilands, aber kein Schiff war zu sehen, kein Wrack, keine angespülten Körper. Aber wenn sogar Glorianna nach all den Jahren noch lebte, musste das Schicksal doch auch für die anderen etwas übrig haben, oder nicht?
Bei seinem gestrigen Ritt hatte er eine weibliche Gestalt gesehen, die in einen Kampf gegen einen riesigen Eisdrachen ging. Tharon hatte beschlossen, einzugreifen, denn die Frau war nur leicht bewaffnet. Nach einigen Hieben hatte der Drache entschieden, sich nicht weiter mit ihnen zu befassen und war wieder in die Lüfte gestiegen.
"Bei allen Göttern! Glorianna."
"Tharon!"
Am Feuer hatte sie dann von Midgard berichtet, ihrer Zeit dort und der neuen Reise, die sie hierher geführt hatte. Jetzt hatte sie beschlossen, Artim aufzusuchen und über Kathlynn zu befragen.
Dass Glorianna noch lebte, ließ in Tharon die Hoffnung gedeihen, auch andere könnten die Fahrt überlebt haben. Eldorian, Sulva, Lariena und vor allem die Erbin - sie konnten doch nicht alle ertrunken sein. Mit eigenen Augen hatte er zwar gesehen, wie Tjoenn und Sigandi in die Tiefe gezogen wurden, aber hier bedeutete das vielleicht gar nicht. Immerhin war er selbst das beste Beispiel.
Als er den Kristall erreichte, zog er den Hammer. Vielleicht würde er es hier beenden wollen.

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Beitrag von Tharon » 07 Dez 2009, 17:39

"Gleich, was die von diesen Pilzsuppen sagen, ich vertrag sie nicht", murmelte Tharon, als er am Morgen nach der ersten Erkundung in Nei-Silvan erwachte.
Die halbe Nacht plagte er sich mit unangenehmen Kopfschmerzen, bis in der zweiten Nachthälfte die Träume besser wurden und die Schmerzen verschwanden. Paylon, der Wicht, der ihn kürzlich gefunden hatte, saß neben ihm.
"Naaa?", fragte der kleine Mann.
"Na", brummte der Nordmann.
"Wie war die, die, die Expedidingens?"
"Aufschlussreich."
"Erzähl!"
Tharon sah keinen Grund, dem Wicht die Dinge zu verschweigen, die sie erlebt hatten. Er berichtete von der schwarzen Wolke, worin der riesige Schädel eines Minotauren zu sehen gewesen war; darin hatten sie menschliche Gesichter gesehen.
"Ui!"
"Kommt noch besser. Liurroccar, die euch im Moment anführt, hat gesagt, dass die noch leben. Sie sind Gefangene. Zu gierig, sagten sie. Was auch immer das alles bedeuten mag."
Der Wicht nickte, und Tharon erzählte von den zweiköpfigen Wölfen, den riesigen Bergen und verschneiten Wäldern.
"Und dann, und dann?", fragte Paylon.
"Im Süden, da hat es einen Kristall. Es gibt außerdem Gräber hier. Man vermutet, dass etwas unter uns ist."
"Das weiß ich doch alles!"
"Tatsächlich? Nun, hätte ich mir denken können", murrte Tharon.
Von Theresias Grab, das leer war, erzählte er nicht. Die Bretonen waren vorsichtig, das akzeptierte er. Er vermutete, dass Lariena, die ebenfalls verschwunden war, hier eine absichtliche Täuschung gelegt hatte. Offenbar wusste sie einiges.
Oder hatte einiges gewusst:
"Nordöstlich eures Lagers haben wir im Wind Stimmen vernommen. Von Kindern, die allerdings uns bekannte Namen trugen. Vielleicht sind sie tot, vielleicht auch nicht. Wird sich noch zeigen, hoffe ich", sagte Tharon.
"Namen?"
"Faruq, Sigandi und Lariena."
"Lariena? Also, wenn die da geflüstert hat, dann lebt sie auch! Denk doch mal nach. Alles andere ist doch Quatsch!", rief Paylon.
Tharon nickte, und er hoffte, Paylon und Nashkul glauben zu können.
Schließlich machte er sich auf den Weg gen Norden. Es waren nur noch fünf Tage Zeit, bis die Minotauren nach Furlund kämen. Wenn sie dann nicht den Übeltäter gefunden hätten, der eine Lawine auf Trollund hatte stürzen lassen, würde es zum Kampf kommen.
"In was hab ich Hansul nur reingeredet", schimpfte er, während er bereits Furlund zu seiner Linken ließ, um die Späher nahe Viburna aufzusuchen.
Was derweil mit Wulfus war, kümmerte ihn immer weniger. Laslo hatte Fragen gestellt. Irgendjemand hatte über die Götterklinge geplaudert.

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Beitrag von Tharon » 15 Dez 2009, 18:52

"Stirb endlich!", rief Tharon hasserfüllt, während er und Wulfus, schon längst waffenlos und mit den Blitzen des Himmels verbunden, einander töten wollten.

Einige Tage zuvor...

Laslo war immer noch nicht gefunden. Der Verdacht gegen ihn erhärtete sich Stunde um Stunde, auch wenn nicht deutlich wurde, warum er, ausgerechnet er, die Lawine auf die Trolle stürzen ließ. Wie Laslo und Wulfus miteinander verbunden waren, auch das schien unklar. Doch etwas ging vor sich.
Als die Gesandten der Minotauren, in Begleitung von zwei Inconnu, eintrafen, waren alle mehr als verwundert, dass keiner der Späher sich gemeldet hatte. Der Sprecher Viburnas jedoch erklärte, dass auch die Späher der Trolle und Minotauren wie vom Erdboden verschluckt waren. Auch Grundugs Mannen, genau wie die Oger Tepoks, waren fort.
Die Lösung aller Probleme Furlunds, die ihm aufgeladen waren, konnten sich erst klären, als Laslo, der überraschend auftauchte, sich dazu bereit erklärte, einer Prüfung durch die Valkyn das Urteil zu gestatten. Würde der Jäger seinen Duft erkennen, so würde Laslo die Minotauren begleiten. Doch der Valkyn erkannte nicht nur seinen Duft, sondern auch den Auluuas, die mit ihm verwandt war. Beide wurden mitgenommen. Tharon blickte ihnen nach. Dass sie etwas damit zu tun hatte, konnte er nicht glauben, aber Laslo bedauerte er nicht. Zu vieles war unklar, immer wieder war sein Name gefallen, auch was Danzo betraf.
Die Suche nach den Spähern endete an einem Loch in der Erde. Ein tiefer Schacht führte durch das Eis ins Innere der Insel. Ob es die Wesen waren, die sie am Tag zuvor noch gewarnt hatten, keinen Krieg zu führen. Waren sie wirklich Boten der Insel selbst, die - wie der Herr der Berge es gesagt hatte - wie ein altes mürrisches Weib war?
Wieder kam es zur Auseinandersetzung zwischen Tharon und Wulfus. Wie konnte Wulfus von Tharon verlangen, den Weg der Reiter des Nordens abzustreifen, als wäre er nichts? Er behauptete immer noch, die Götter hätten es ihm gesagt. Warum dann nicht auch ihm? Bisher war es immer so gekommen, dass beide eine Botschaft ihrer Herren bekommen hatten, wenn sie eine andere Aufgabe hatten. Warum nicht jetzt? Ein Weiser sollte endlich Aufklärung über die Angelegenheit geben - Tharon wusste, wen er wählen würde: den Herrn der Berge.

Später...

Es war Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Keine, die von Menschen gemacht ist, sondern eine, die eine Prüfung durch Höheres überstehen würde. Tharon hatte in den Stunden zuvor ein Treffen mit dem Herrn der Berge - Wulfus wollte einen Weisen, der durch die Meinungen anderer nicht beeinflusst werden könnte; der Herr der Berge schien Tharon also als gerecht und zweifellos. Wenn er versicherte, dass die Götter einen neuen Weg nicht nur für Wulfus, sondern auch für Tharon verlangten - jeder Zwist wäre beendet.

Doch es kam anders.
Das Urteil wurde von anderen gesprochen; von jenen Herren, die über allen stehen, den Göttern:
Ein Wort gab ein nächstes, eine Beleidigung eine andere. Irgendwann verloren die beiden Nordmannen jeden Respekt, den sie sonst auch vor jedem Feind hatten. Hass und Zorn bestimmten beide, als Tharon den Hammer zog, um Wulfus zu erschlagen.
Vor den Augen Annas, Sigandis, Hansuls und eines Valkyn vollzog sich der Streit, der unter den Blicken der Götter mehr wurde als nur ein Zweikampf.
Blitze fielen vom Himmel, verließen ihre eigenen Hände, schlugen in die Erde ein, während Wulfus und Tharon, vom Sturm erhoben, miteinander kämpften. Ihre Todesschreie wurden erstickt, als sie in schwindligen Höhen erfroren, von gerüsteten Frauen bis in die letzten Pfade getragen wurden.
Tharon sah in der Tiefe noch seine Waffe, die neben der Götterklinge in den Stein geschlagen wurde. Er sah die Begleiter ein letztes Mal.
Sein letzter Gedanke galt-

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