Zwielicht

alte Tagebücher, andere Texte
Antworten
Benutzeravatar
Mort
Beiträge:25
Registriert:13 Mär 2010, 15:28

Beitrag von Mort » 02 Mai 2010, 22:37

Alles wofür Leban steht, passierte. Der Tod fegte über die schneebedeckte Landschaft.
Uralte Dinge erhoben sich. Untote Wesen bevölkerten diese Insel.
Immer wieder hatte es ihn in das Dunkel gezogen, immer wieder war er hier als ein untotes Abbild umhergewandert und immer wieder zog es ihn zum Licht zurück. Mortimer fröstelte. Unter einem Steinvorsprung entzündete er ein kleines Feuer. Der Mantel war dick genug, um ihn zu wärmen. Die letzten Monate zogen wieder an ihm vorbei.
Der Reiz, den die Friedhöfe auf ihn ausgeübt hatten. Die Ruhe und auch die Friedlichkeit. Als Handlanger für einen Heiler war er im Krieg gewesen und hatte den Tod erlebt. Aber jedesmal, wenn jemand gestorben war, fühlte Mortimer den Frieden und nicht die Angst vor dem Tod. In diesem Moment waren Liras und Leban eins. Mortimers anfängliches Interesse an Leban wich einer großen Faszination, auch, wenn er sich scheute, sein Leben vollends Leban zu widmen. Immer häufiger suchte er nun Kontakt zu den Priestern Lebans, die nahe der Abtei einen Turm ihr Eigen nannten.
Leban stand für Macht und den Tod. Die Macht über den Tod würde den Krieg entscheiden können, war Mortimers Gedanke, der ihn weiter in die Schriften Lebans vorstoßen ließ. Es gab einige Priester Lebans, die seine Ideen teilten. Diejenigen, die in den Katakomben unter der Kirche Bretonias ihr Heim gefunden hatten.
Es waren nicht die Anatomie und die Heilkunst, die diese Idee in Tat umsetzen konnten. Es war Leban. Mortimer bekam Zugang zu dunklen Schriften und Ritualen, die ihn selbst erschreckten, weil sie über den Tod berichteten und Orten, wo die Toten lebten.
Mortimer zitterte und blickte in den Schnee. Die Isel war ein Ort, an dem Tote lebten. Er zählte sich selbst auch dazu. Als er von den Wellen vom Schiff gerissen wurde, konnte er nichts anderes tun, als es geschehen zu lassen. Er wurde angespült und hatte kein Gefühl mehr von Leben oder Tod in sich, nur Kälte. Aber er starb nicht, erfror nicht. Mortimer trennte sich von seinem Leib und sein Abbild von der anderen Seite betrat die Insel. Er war mit seinem Körper in das Nichts gewechselt und hatte dafür die Kontrolle über einen Diener aus Lebans Welt gewonnen. Aber er war auch gleichzeitig der Diener.
Mit der Zeit gewöhnte sich Mortimer immer mehr an seinen Zwilling und dessen Fähigkeiten. Sein Zwilling fror nicht, hungerte nicht und brauchte keinen Schlaf. Aber alles hatte seinen Preis. Je länger Mortimer im Schatten verharrte, desto schwieriger wurde die Trennung und auch der Faden, der sie verband, wurde dünner.
Nun war seit geraumer Zeit die Nacht über die Insel hereingebrochen und vieles war im Wandel oder im Begriff zu geschehen. Ist dies wirklich das Reich Lebans? Oder was steckte hinter alledem. Gerüchte hatte Mortimer gehört und einige Orte gefunden auf der Insel, für die er keine Erklärungen hatte.
Das Feuer glimmte noch, als er Richtung Terra Brumalis aufbrach. Vielleicht war es wieder an der Zeit unter Menschen zu sein…

(ooc: Bin dann demnächst wohl öfter im Spiel. Ich wollte mir zuerst ein genaueres Bild über die Hintergründe hier machen...)

Benutzeravatar
Mort
Beiträge:25
Registriert:13 Mär 2010, 15:28

Beitrag von Mort » 11 Mai 2010, 23:37

Tage später...

Die Kälte zog wieder langsam durch seine Glieder und Mortimer spürte, wie das, was er getan hatte, wieder einmal seinen Tribut forderte.
In Terra Brumalis hatte er einen Teil seiner kostbaren Kraft gegeben.
Aber nun war es wieder an der Zeit diese aufzufüllen. Bloß wann? Er stand mit anderen zusammen in der Wildnis.
Mortimer dachte an seine Verbindung, die entstanden war, als er die Weihe nicht vollzogen hatte.
Leban forderte seinen Tribut, damit er weiter leben durfte:
Meine untote Präsenz muss Leben rauben, gnadenlos, damit ich selbst leben kann.
Es war paradox, aber es war ein Fakt.

Benutzeravatar
Mort
Beiträge:25
Registriert:13 Mär 2010, 15:28

Beitrag von Mort » 19 Mai 2010, 13:47

Mortimer war wieder in Terra Brumalis und fühlte sich so lebendig, wie lange nicht.
Er hörte den Gesprächen über die lange Nacht am Lagefeuer genau zu, denn die lange Nacht brachte nicht nur Dunkelheit,
sondern solange sie währte, entzog sie ihm auch schneller die Existenz als lebendem Individuum.

Auf der Jagd hatte sich der Wechsel zu einem Ghulen vollzogen, in ihm konnte er sein eigenes, untotes Abbild erkennen.
Er war nun der Ghul und auch wieder nicht, aber er wusste nun, was geschehen würde,
wenn er den Wechsel vom Totenreich zum Reich der Lebenden nicht mehr vollziehen konnte:
Als Ghul existierte er dual zwischen den Reichen von Liras und Leban.
Je schwächer seine Bindung zum Leben wurde, desto näher kam er dem Ghulen.
Würde das Band getrennt werden, wäre er endgültig im Totenreich gefangen
und sein untotes Abbild würde auf der anderen Seite seinen Platz einnehmen.
Das war der Preis dafür, den er zahlte, dass er sich mit Mächten eingelassen hatte,
die er damals nicht verstand und heute vielleicht ansatzweise.

Benutzeravatar
Mort
Beiträge:25
Registriert:13 Mär 2010, 15:28

Beitrag von Mort » 01 Jun 2010, 13:14

Die Menschen, mit denen Mortimer zusammen gegen Lazarus plante und vorging, zeigten
ihm seine eigene Menschlichkeit, auch, wenn er als Ghul neben ihnen ging,
war dies kein Problem, sondern wurde respektiert.
Besonders dieses erstaunliche kleine Mädchen, Theresia, schien überhaupt keine Angst zu haben. Im Gegenteil.
Mortimer begann immer mehr seinen Zustand zu akzeptieren und mit ihm zu leben.
Er konnt mittlerweile genau spüren, wann der Ghul von sich aus an die Oberfläche wollte,
um zu jagen. Dann ging er lieber aus der Siedlung in die Wälder und jagte dort, um nicht die Kontrolle zu verlieren
und um seinen Tribut an Leban zu zahlen.

Benutzeravatar
Mort
Beiträge:25
Registriert:13 Mär 2010, 15:28

Beitrag von Mort » 14 Jun 2010, 16:59

Tenguards Frau war nun in Brumalis. Eins musste man dem neuen Befhelshaber ja lassen, er handelte und das schnell.
Aran schien kein Freund von Heimlichkeiten zu sein, sondern beschritt einen sehr direkten Weg,
auch wenn Mortimer zuerst von dessen Arroganz ziemlich überrascht gewesen war,
so erinnerte ihn das doch sehr, an seine Zeit, die er mit Lebanern verbracht hatte.
Die Weihe zum Priester hatte er abgelehnt und sich damit sehr viel Ärger eingehandelt.
Er wollte damals nur Zugang zu dem Wissen haben, das er brauchte und durch das Erbe seiner Eltern konnte er diesen Ärger einigermaßen kompensieren.
Erinnerungsfetzen setzten sich in Mortimers Gedanken zu Bildern zusammen: Verdrängt, aber nicht vergessen.
Bilder von Leichen, zerfetzt von glühenden Scherenhänden.
Das Bild einer Leiche wiederholte sich immer wieder.
Zusammengenäht lag sie auf einer Bahre, zusammengenäht, um ihr noch ein wenig das Antlitz eines Menschen zu geben.
Bilder von Pentragrammen und Hexagrammen mit Symbolen aus Blut geschrieben, tauchten auf und darin dieser geschundene, tote Körper, der einst ein Mensch gewesen war.
Töne kamen zu den Bildern hinzu: Litaneien aus den Gebetsbüchern der Lebaner wurden verzerrt, fast kreischend gesungen und gesprochen.
Essenzen wurden gemischt. Essenzen wurden verbrannt.
Als die Kakophonie des Gesanges seinen Höhepunkt erreichte, wurde sie plötzlich von einem unheiligen Heulen übertönt, das von dem Körper ausging.
Der Körper begann sich zu erheben. Groteske Bewegungen gingen von ihm aus.
Zuckungen, Verrenkungen durchfuhren ihn, bevor er stand und etwas von sich gab, was menschliche Ohren als "Bruder" interpretieren konnten.
Es war nichts menschliches mehr an der Kreatur und trotzdem schlossen sich Arme um die unheilvolle Kreatur, die nun zu einem Unleben verdammt war.

Rohes Fleisch wurde durch einen Schlitz in einer dicken Eichentür geworfen, die scheinbar in einer Höhle montiert worden war.
Ein unmenschliches Heulen drang von hinter der Tür hervor. Das Scharren von scharfen Krallen. Dann schmatzende Geräusche.

Das Fleisch des Hirschen war noch so warm, das es in der kalten Luft dampfte. Er war noch Ghul. Meine Strafe für meinen Frevel, dachte Mortimer.
Dafür ist seine Seele frei, war der Gedanke, als seine Klauen die Knochen des Wildes auseinanderbrachen.

Benutzeravatar
Mort
Beiträge:25
Registriert:13 Mär 2010, 15:28

Beitrag von Mort » 10 Jul 2010, 13:20

Der eisige Wind fegte durch das Tal. Mortimer passierte die Obelisken, die den Weg nach Viburna markierten. Er war zu Fuß unterwegs. Sein Pferd hatte die Verwandlung nicht mehr ertragen. Es zu reiten wurde immer mühseliger, weil seine Scheu oder fast Abscheu immer größer wurde. So war es eher ein glücklicher Umstand für das Tier, dass es das Genick brach, als es im Eis ausrutschte. Der Ghul hatte nicht lange gezögert und sich das noch warme Fleisch einverleibt. Ein Pferd hatte gutes Fleisch.
Manche Tiere reagierten offen mit Abscheu oder Angst, wenn sie Mortimer ansahen. Entweder bellte ein Hund wie verrückt oder er begann zu winseln, beides war möglich. Irgendwie waren diese Reaktionen verständlich, Tiere waren Fleisch und Beute.
Mortimer hatte von den technischen Errungenschaften aus Viburna gehört und auch von Reittieren, die die massigen Körper der vollgerüsteten Minotauren-Krieger tragen konnten, ohne zu murren. Diese Reittiere waren Konstrukte technischer Art und Metall war nicht essbar.
Ein Reittier war wichtig auf dieser unwirtlichen Insel. In Ghulform war das kein Problem, aber in dieser Form konnte er nicht zu lange bleiben, ohne etwas von sich aufzugeben.

Mortimer stapfte durch den Schnee und den Pass entlang der nach Viburna führte. Schwer gerüstete Minotauren mit ihren massigen und muskulösen Körpern kamen ihm entgegen und schnaubten wohl etwas Abfälliges über den hageren Bretonen, der ihnen entgegenkam.
„Was willst du Menschling?“, fragte eine Minotaurenwache, die ihn von oben bis unten musterte.
„Zu eurem Stallmeister und um eines eurer metallenen Reittiere verhandeln“, antwortete Mortimer, der seinen Mantel fester um sich schloss.
„Du willst eines unserer Reittiere? Sie sind für Krieger und nicht für sinnloses Gepäck“, schnaubte der Minotaure, was fast wie ein Lachen klang. Andere stimmten mit ein, die um sie herum standen.
Mortimer blieb ruhug, obwohl sich Zorn in ihm regte. „Was muss ich tun, damit ich mit dem Stallmeister verhandeln kann?“ erwiderte er.
„Es ist ganz einfach, zeige uns und ihm, dass du würdig bist, ein Metallpferd zu reiten. Ich werde dich herausfordern und wenn du mich besiegst, sollst du deinen Handel bekommen. So einfach ist das“, erklärte der Wächter mit einem verächtlichen Unterton. Dann führte er Mortimer durch das Tor und zum Stallmeister. Der Wächter und der Stallmeister wechselten Worte in einer Sprache, die Mortimer nicht verstand. Dann wurden Holzwaffen gebracht. Als man sie Mortimer anbot, lehnte er ab: „Ich kämpfe auf meine Weise, wenn es nicht anders geht.“ „Es geht nicht anders“, war die lachende Antwort seines massigens Gegenübers, „kämpfe wie du willst Menschling, aber heute wirst du ohne Metallpferd die Heimreise antreten.“ Mit diesen Worten stürmte der Minotaure los und und schlug Mortimer mit seinem Schild von den Beinen, der fast die Besinnung verlor, als er hart auf den Steinboden krachte. Blut lief ihm über die Lippe. Der Ghul rührte sich.
Die Verwandlung war schnell, aber trotzdem krachte die Übungswaffe auf seinen Rücken. Aber der Schmerz war lange nicht mehr so stark. Der Minotaure war nur einen Augenblick überrascht, als er die Verwandlung sah und setzte zum nächsten Hieb an, der aber in Leere ging. Mortimer war ihm ausgewichen und Energie begann, sich um seine Hände zu sammeln. Bevor sein Gegner wieder auf ihn einhieb, durchzuckte ihn etwas von Mortimers Magie und man konnte sehen, wie die Muskeln des Minotauren erschlafften, wie er schwächer wurde.
Ein Raunen ging durch die Zuschauer, die sich bereits um die beiden Kämpfer versammelt hatten.
Mortimer wich zur Seite aus und seine Klauen rissen tiefe Furchen in das Schild seines Gegners, der überrascht zurückwich, um sich ihm dann zornig entgegen zu werfen. Wieder wich Mortimer aus und sammelte erneut Energie, die sich gegen den Minotauren entlud, der sich nur noch schwerfällig vorwärts bewegen konnte. Schnaubend blieb Mortimers Gegner stehen und senkte seine Waffen.
„Was bist du, Mensch?“ sagte er und deutete auf Mortimer, der seine Klauen weiterhin schlagbereit hielt und seine langen Fangzähne bleckte. „Ghul“, war die knappe Antwort, „ein hungriger Ghul. Wir sollten es hier beenden, damit kein Blut fließt.“
Der Minotaure spannte seine Muskeln wieder an und man konnte sein Stirnrunzeln erkennen. Dann machte ein anderer Minotaure ein Zeichen und der Kampf war beendet. Mortimer verwandelte sich erleichtert zurück.
Mortimers Gegner kam zu ihm. „Ihr seid ein merkwürdiges Volk“, sagte er trocken.
Der Minotaure, der das Zeichen gegeben hatte kam ebenfalls. „Warum willst du ein Metallpferd?“, fragte er Mortimer.
„Tiere mögen mich nicht. Wenn das passiert, wie eben, kann es sein, dass ich sie auf meinem Speiseplan habe, auch Pferde.“ erklärte Mortimer.
Ein kurzes Nicken war nur die Antwort und er wurde zu einer Werkstatt geführt. „Hier sind sie.“ zeigte der Minotaure in die Werkstatt, wo mechanische Konstrukte standen, die an Pferde erinnerten.

Benutzeravatar
Mort
Beiträge:25
Registriert:13 Mär 2010, 15:28

Beitrag von Mort » 27 Sep 2010, 14:27

Dar kalte Boden knirschte unter Mortimers Füßen. Er blickte noch einmal hinter sich auf das Boot, das ihn von Bretonia nach Midgard gebracht hatte und dachte an einen Anker, der einen neuen Platz hatte.
Nun war er hier, zwar waren seine Sprachkenntnisse im Nordischen nicht sehr gut, aber das würde sich schon ändern. Nach langer Zeit war Mortimer endlich mal wieder etwas zuversichtlicher.
Es waren nicht viele Tage auf Bretonia vergangen und er hatte auch etwas bewegen können, aber der Kontakt zu den Untoten, hatte ihn fast in einen Sog gezogen, den er kaum wieder verlassen konnte. Es war eine Wunde entstanden, die andere nicht sahen, aber die für ihn mit jedem Tag auf Bretonia präsenter und unerträglicher wurde.
Tage nach dem Gefecht der Untoten gegen die Werwölfe und die Befreiung Lord Helmarts war Mortimer immer rastloser geworden und hatte sich auch von den anderen fern gehalten. Schwermütig war er geworden, wie leicht wäre es gewsen, los zulassen, als das Heer seine Bestimmung erfüllt hatte und frei geworden war.
Trotzdem war sein Anker immer noch bei den Lebenden und hielt ihn davon ab, abzudriften. Aber Mortimer brauchte einen neuen Ankerplatz. Auf Blyrtindur dachte er, einen neuen gefunden zu haben. Mit der Erstarkung Lazarus’ wuchs auch das Verlangen nach Lebans Nähe und dem Totenreich, was sich immer öfter in Mortimers Träumen wiederfand. Er hatte noch nie so viel Fleisch verzehren müssen, wie auf Blyrtindur, das voll mit Wild war, um das Verlangen zu stillen.
Mit der Rückkehr nach Bretonia änderte sich dieser Zustand auch nicht. Stattdessen verschwammen Erinnerungen aus der Vergangenheit mit Ängsten über die Zukunft. Mortimer dachte an das eine Stück vom Herz zurück, dass er sich mit Skjalgur geteilt hatte: Es hatte gut geschmeckt.
Kurzentschlossen packte er dann seine Sachen und ging an Bord eines der Schiffe, die nach Midgard fuhren. Er kehrte Bretonia den Rücken, denn vielleicht war der Einfluss Lebans auf Midgard nicht so groß, neben den Göttern der Nordleute. Außerdem gab es hier noch einige mit denen er schon einmal zusammen gegen Lazarus gekämpft hatte und die sich hier niedergelassen hatten.
Es gab also Optionen und das war gut. Mortimer ging in die Taverne und fragte nach Hrafna, Erika und Elea…

Antworten